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BPM-Projekterfolg: Welche Rollen wirklich zählen – und welche Sie getrost streichen können

Einleitung: Das Dilemma der Komplexität in BPM-Projekten

BPM-Projekterfolg: Welche Rollen wirklich zählen

Business Process Management (BPM)-Projekte haben in manchen Kreisen den Ruf, komplex, schwerfällig und langwierig zu sein. Ein nicht unerheblicher Grund dafür ist oft eine überbordende Anzahl an Beteiligten mit diffusen oder überlappenden Rollen. Insbesondere in großen Organisationen wird häufig versucht, BPM-Initiativen mit einer Vielzahl von Stakeholdern zu stemmen. Das bindet nicht nur wertvolle Ressourcen, sondern kann auch die Verantwortlichkeiten verwässern und Entscheidungswege unnötig verlängern.

Dieser Beitrag richtet sich an IT-Leiter, CIOs und strategische Entscheider, die den Weg zu effizienten, erfolgreichen BPM-Projekten suchen und sich nicht länger mit unnötiger Komplexität aufhalten wollen. Wir beleuchten, welche Rollen für den Erfolg eines BPM-Projekts im Enterprise-Umfeld wirklich entscheidend sind – und welche oft mehr Hindernis als Hilfe darstellen.

Warum präzise Rollendefinitionen in BPM-Projekten erfolgskritisch sind

Viele BPM-Initiativen scheitern nicht an der ausgewählten Technologie oder den modellierten Prozessen, sondern an fundamentalen organisatorischen Versäumnissen. Unklare Zuständigkeiten und fehlendes Ownership führen unweigerlich zu langwierigen Abstimmungsschleifen, widersprüchlichen Anforderungen und einer Verwässerung der Projektziele. Wer in einem BPM-Projekt welche Verantwortung trägt und welche Entscheidungsbefugnisse hat, muss daher von Beginn an unmissverständlich definiert und kommuniziert werden. Dies ist gerade in großen Organisationen mit traditionell verteilten Zuständigkeiten und komplexen Hierarchien ein essenzieller Erfolgsfaktor.

Die drei Kernrollen: Das Fundament jedes erfolgreichen BPM-Projekts

Unsere Erfahrung aus zahlreichen Enterprise-Projekten zeigt, dass ein schlankes Kernteam mit klar definierten Verantwortlichkeiten meist am effektivsten arbeitet. Im Wesentlichen sind es drei Schlüsselrollen, ohne die kein BPM-Projekt erfolgreich sein kann:

1. Der Process Owner (Fachliche Verantwortung)

Diese Rolle ist der Dreh- und Angelpunkt für den fachlichen Erfolg. Der Process Owner definiert den “Was”-Aspekt: Er legt die Zielzustände des Prozesses fest, priorisiert Anforderungen aus Fachsicht, validiert die Ergebnisse und trägt die Gesamtverantwortung für den Nutzen und die Akzeptanz des digitalisierten Prozesses im Fachbereich. Entscheidend ist: Der Process Owner muss aus dem jeweiligen Fachbereich stammen und über das notwendige Mandat und die zeitlichen Ressourcen verfügen. Eine rein nominelle Benennung oder eine Besetzung aus der IT untergräbt die fachliche Steuerung.

2. Der BPM-Architekt / Prozessdesigner (Konzeptionelle Verantwortung)

Diese Person ist verantwortlich für das “Wie” aus prozessualer Sicht. Sie besitzt tiefgreifendes Verständnis für BPMN 2.0 (unser Open Source Advanced Process Designer ist hier ein ideales Werkzeug), denkt in durchgängigen Workflows und übersetzt die fachlichen Anforderungen des Process Owners in logische, umsetzbare Prozessmodelle. Idealerweise bringt der BPM-Architekt auch ein starkes Verständnis für Automatisierungspotenziale und die Möglichkeiten moderner Low-Code-Plattformen mit, um die Brücke zur technischen Realisierung zu schlagen.

3. Der IT-Integrator / Entwickler (Technische Verantwortung)

Diese Rolle verantwortet die technische Implementierung und Integration des Prozesses. Sie stellt sicher, dass der neue Workflow reibungslos in die bestehende, oft heterogene IT-Landschaft des Unternehmens eingebunden wird – sei es die Anbindung an ERP-Systeme (z.B. SAP), Dokumentenmanagementsysteme (DMS), Benutzerverzeichnisse (LDAP/AD) oder andere Fachanwendungen. In Großunternehmen sind hier oft tiefgreifende Erfahrungen mit komplexen Enterprise-Architekturen und Integrationsmustern gefragt. Die Fähigkeit, unsere Plattform mit ihren flexiblen Schnittstellen (REST, SOAP, Datenbank-Konnektoren) optimal zu nutzen, ist hier entscheidend.

Zusätzliche Rollen: Sinnvolle Ergänzung oder unnötiger Ballast?

In der Literatur und bei einigen Vorgehensmodellen finden sich oft weitere Rollen wie “Change Manager”, “Business Analyst”, “Scrum Master”, “Qualitätssicherungsbeauftragter” oder diverse Gremien. Diese können in bestimmten Projektphasen oder bei sehr großen, parallel laufenden Initiativen durchaus sinnvoll sein.

Wann zusätzliche Rollen sinnvoll sein können: Arbeiten beispielsweise mehrere Teams parallel an der Digitalisierung unterschiedlicher Prozessbereiche, kann ein zentraler BPM-Coach oder Change Manager helfen, methodische Standards sicherzustellen, Wissen zu transferieren und die organisationsweite Akzeptanz zu fördern. Ein dedizierter Business Analyst kann bei der detaillierten Anforderungserhebung in sehr komplexen Fachdomänen unterstützen.

Wann sie eher hinderlich sind: Vorsicht ist geboten, wenn Rollen nur deshalb eingeführt werden, weil sie auf einer generischen “BPM-Rollenlandkarte” stehen oder um möglichst viele Abteilungen “einzubinden”. Gerade in großen Organisationen kann dies schnell zu einem schwerfälligen administrativen Überbau führen, der Entscheidungen bremst, Verantwortlichkeiten fragmentiert und mehr Ressourcen bindet, als er Nutzen stiftet. In der initialen Einführungs- und Umsetzungsphase reicht oft ein kleines, fokussiertes Kernteam aus den drei genannten Kernrollen.

Typische Fehler bei der Rollenbesetzung und -abgrenzung

  • Der “Alibi” Process Owner: Die Rolle ist zwar benannt, die Person hat aber weder die Zeit noch das Mandat oder das echte Interesse, die fachliche Führung aktiv wahrzunehmen.
  • Die IT als alleiniger Treiber: Das Projekt wird primär technologiegetrieben aus der IT-Abteilung heraus initiiert und umgesetzt, ohne starke, kontinuierliche fachliche Führung und Validierung durch den Fachbereich.
  • Verschwimmende Zuständigkeiten: Rollen sind nicht klar voneinander abgegrenzt, es kommt zu Doppelarbeit oder Verantwortungsdiffusion (“Wer ist jetzt eigentlich dafür zuständig?”).
  • ”Demokratie” statt Entscheidungskompetenz: Viele reden mit (z.B. in überbesetzten Lenkungsausschüssen), aber niemand hat die klare Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen.

Praxisbeispiel: Schlanke Rollenverteilung im Automotive-Großprojekt

Ein anschauliches Beispiel für eine erfolgreiche, schlanke Rollenstruktur liefert ein Projekt bei einem weltweit führenden Automobilhersteller. Ziel war die Entwicklung einer BPM-basierten Lösung zur intuitiven Bearbeitung und Freigabe großer, extern angelieferter Datenmengen im Rahmen der komplexen Modellvariantenplanung. Die Lösung musste tabellarische Strukturen direkt in den Eingabemasken unterstützen, differenzierte Gruppenberechtigungen abbilden und auf einem Kubernetes-Cluster deploybar sein.

Die Rollenverteilung wurde bewusst fokussiert gehalten:

  • Ein Process Owner aus der verantwortlichen Fachabteilung definierte und priorisierte die fachlichen Anforderungen.
  • Direkte Ansprechpartner in den betroffenen Fachabteilungen lieferten kontinuierlich Feedback, testeten die fachliche Logik und sicherten die Anwendbarkeit.
  • Zwei dedizierte Tester aus dem Kundenumfeld unterstützten die systematische Qualitätssicherung.
  • Die technische Konzeption, Entwicklung und Integration erfolgte durch unser flying dog Team in der Rolle des IT-Integrators / Entwicklers, in enger Abstimmung mit dem BPM-Architekten des Kunden.

Auch dieses komplexe Enterprise-Projekt zeigte: Ein klar strukturiertes, auf Kernkompetenzen fokussiertes Team, das eng mit den Fachbereichen zusammenarbeitet, war dem Projektfortschritt deutlich zuträglicher als ein breit aufgestellter, aber unklar definierter Personenkreis.

Fazit: Weniger Rollen, klarere Verantwortung – Der Schlüssel zum BPM-Erfolg

Ein erfolgreiches, agiles BPM-Projekt lebt von klarer, unmissverständlicher Verantwortlichkeit. Für die meisten Szenarien im Enterprise-Umfeld reichen die drei genannten Kernrollen – Process Owner, BPM-Architekt und IT-Integrator – als Fundament aus. Weitere Rollen können punktuell unterstützen, sollten aber nie den Blick für das Wesentliche verstellen: Wer ist für den fachlichen Inhalt und Nutzen verantwortlich? Wer konzipiert den logischen Prozessablauf? Und wer setzt ihn technisch robust und integriert um? Wer diese Verantwortlichkeiten sauber trennt, klar zuweist und die Zusammenarbeit im Kernteam fördert, hat bereits entscheidende Weichen für den Projekterfolg gestellt.